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1. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 19

1901 - Glogau : Flemming
— 19 — bare Erzählung vom Robinson, und es folgten jene Romane teils sentimentalen, teils humoristisch-satirischen Charakters, die allerwärts bewundert und nachgeahmt wurden. Um die Mitte des 18. Jahr- Hunderts begann auch die deutsche Muse sich zu regen; stolz auf die kühne, stolzer auf sich, beinaß die hohe Britin — dich Tuiskone singt Klopstock in den „beiden Musen". Also wohlgemerkt, .unsere deutschen Schriftsteller fühlten ihre Abhängigkeit von den englischen Vorbildern, und Lessing warf zuerst den Feuergedanken in die Seelen des jungen litterärischen Deutschlands, daß Shakespeare unser drama- tisches Muster sein müsse und nicht die angebeteten Franzosen. — Auch im neunzehnten Jahrhundert haben zwei englische Schriftsteller den Löwenanteil davongetragen in der Befriedigung des Lesedurstes und gespannten Interesses für ein größeres Publikum, nämlich Walther Scott und Dickens (Voz). Die historischen Romane des schottischen Dichters von Abbotsford erregten namentlich in Deutsch- land großes Aufsehen und riefen eine ganze Schule deutscher Dichter ins Leben, wie man denn z. B. von einem brandenburgischen Walther Scott spricht (Willibald Alexis) ^ und „viele Stoffe der Romane zu bekannten Operntexten verwertet hat. Ähnlich hat Dickens mit seinen Erzählungen den größten Beisall gefunden, und die komischen Figuren der Pikwickier sind in beiden Hemisphären der Welt viel belacht worden. Aber dennoch hat im 19. Jahrhundert das Interesse für die schöngeistige Litteratur Englands deutlich abzuebben begonnen, und es ist so, als ob diese Minderung der Teilnahme zeitlich ziem- lich zusammenträfe mit dem Besuche, den der begeisterte englische Dichter Thackeray bei unserem Dichterfürsten Goethe machte. Die deutsche Litteratur hatte jetzt volles Genüge an ihrer klassischen Periode, und auch die Epigonen ließen sich im Geschmacke des größeren Publi- kums nicht mehr verdrängen. Gleichermaßen zählt England in den Wissenschaften und den technischen Ersindungeu die erleuchtetsten Geister. Eine besondere Pflege fand das Gebiet der Geschichte. Gibbon, Groote, Carlyle schufen viel bewunderte Werke, und namentlich die archäologische Forschung verdankte dem Reichtum und Ansehen des Weltreiches eine ungeahnte Förderung, wie das die Ausgrabungen in Niniveh und die ägyptologischen Studien ergaben. Desgleichen wurde die Volkswirtschaft neu angebaut; ich nenne nur Malthus. Ebenso haben die exakten Wissenschaften in ihren verschiedensten Abstufungen in den Engländern ganz ausgezeichnete Vertreter gefunden. Die Erdkunde ist durch die mit beispiellosem Mute unternommenen Forscherreisen zu 1 Ernst Wichert wird von Gottschall „der Walther Scott Ostpreußens" genannt.

2. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 45

1901 - Glogau : Flemming
— 45 — Die Alpenstraßen führen auf diesen Vereinigungspunkt zusammen, und so ist in der Stadt das Element der Fremden bedeutsam ver- treten-, will man doch auch in Mailand einen weniger italienischen als internationalen Stadttypus erkennen. Mit seinen 400000 Ein- wohnern ist es das Handelscentrum für die überaus fruchtbare Lom- bardei; und namentlich spielt die Seiden-Jndustrie und -Ausfuhr in ihr eine große Rolle. Daneben hat Mailand eine interessante Geschichte; im Mittelalter trotzte es den deutschen Kaisern, und man rechnet nach, daß es 48 mal belagert und 23 mal erstürmt worden ist. Ganz im Westen der Poebene liegt Turin, die Hauptstadt jenes kernigen Volksstammes, der Piemontesen, dem die Einigung Italiens ge- lingen sollte. Um das untere Pogebiet und südwärts vom Flusse in der so- genannten Emilia liegt eine Menge bedeutender kleiner Städte, und der ganze Landstrich ähnelt recht in seiner charakteristischen Zusammen- setzung und früheren Geschichte den centraldeutschen Gebietsteilen, z. B. Thüringen. Hier gediehen die kleinen Fürstentümer mit ihrer intensiven Pflege der Kunst, und die Namen der Dynaftieen sind unsterblich geworden. In Mantua, in dessen Nähe Vergil geboren ist, der sich so schmerzlich nach der schilfbekränzten Flut des Mincio sehnte, regierten die Gonzagas, und der Maler Giulio Romano war der Liebling des Hofes. Eine kleine Abzweigung des Fürstentumes war Guastalla, das durch Lessings Emilia Galotti bekanntlich ver- ewigt ist. In Ferrara blühten die Estes, und Tasso weilte in dieser kleinen Residenzstadt. Die Stätte, die ein guter Mensch betrat, ist eingeweiht, noch nach Jahrhunderten klingt sein Wort und seine That dein Enkel wieder. An der großen Bahn, die sich weiterhin zu der bekannten Rücken- eisenbahn entwickelt und sich bis nach Brindisi hinzieht, liegen Parma und Modena, die lange Zeit in der neueren Geschichte als Residenzen bekannt waren. Dann erscheint südwärts Canossa, unglückselig be- rühmt durch die Demütigung des deutschen Kaisertums im Jahre 1077, und endlich Bologna, von den Italienern 1a grassa — die reiche — genannt. Bologna ist seit dem frühen Mittelalter berühmt als die Stadt der Rechtsgelehrten, und auch im Kaufmann von Venedig muß Portia als Rechtsgelehrter aus Bologna auftreten und den bösen Handel mit Shylock entscheiden. Die Bahn läuft in süd- westlicher Richtung bis Ancona, der alten „Ellenbogenstadt", wo der Apennin seinen Knick macht und wo der Dom in herrlicher Lage hinausschaut auf das Adriameer. Von Bologna aus zweigt sich die mittelitalische Eisenbahn ab, die uns an die Gestade des tyrrhenischen Meeres bringen soll. Die

3. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 123

1901 - Glogau : Flemming
— 123 — Ausdruck bringen, und so entsteht der farbige Ausputz der Häuser und vor allem die historische — Blumenliebhaberei. Die Haarlemer Tulpenzucht, die fast wahnsinnigen Preise, die sür eine neue Spiel- art der Tulpenzwiebel gezahlt wurden, sind Wohl allen bekannt. Aber diese Farbenfreude hatte noch eine andere Folge, sie ließ die Malerei entstehen und machte die Niederländer zu berühmten Künstlern. Die Malerei ist die eigentlich moderne und nordische Kunst. Der Süden hat in dem herrlichen, sonnigen Klima die Gabe sür die Plastik von der Natur empfangen, der Norden in seiner nebligen Luft bevorzugt die Malerei, die seinem Können und Empfinden näher steht. Schon in früher Zeit war bei den Niederländern die besondere Lust an der Malerei erwacht, und Danzig hegt als seinen höchsten künstlerischen Schatz das jüngste Gericht in der Marienkirche, gemalt von dem Niederländer Hans Mümling (f 1495). Zur bewunderten Blüte entfaltete sich aber die niederländische Malerei zur Zeit des Dreißig- jährigen Krieges, und zwar in der Vrabanter Schule, die in den katholisch gebliebenen spanischen Niederlanden gedieh, und in der Holländer Malerei, die noch bis in das 18. Jahrhundert hinein Meisterwerke erzeugte. Das Haupt der Brabanter Schule ist Peter- Paul Rubens in Antwerpen, und gleichermaßen bekannt ist sein Schüler, der weichere van Dyck, ausgezeichnet als Bildnismaler.1 Rubens, „der Fürst unter den Malern", lebte unter den glücklichsten äußeren Verhältnissen und schus Wohl 1000 Gemälde. Er ist der Meister der dramatischen Lebendigkeit und einer überaus wahren und tiefen Empfindung. Allmählich sagte sich Holland auch in malerisch- technischer Beziehung von den südlichen Provinzen los, und so ent- stand die Holländische Malerei, eine durch und durch nationale, bürger- liche und realistische Kunst. Porträtmalerei und Genre sind die Haupt- gattungen dieser Malerei, und vielfach zeigt sich die Realistik in einer derben Wiedergabe der Natur und des Volkslebens. Der bestimmende Meister dieser Malerschule ist Rembrandt, unübertroffen in der Be- Handlung des Helldunkels. Die realistische Virtuosität der lebens- wahren Wiedergabe der einzelnen Persönlichkeiten ließ in dieser Zeit die großen Gruppenbilder entstehen, wie die Schutters-maaltijd des van der Helst und die Nachtwache Rembrandts, in der er seine besondere- Begabung für seltsame Beleuchtung glänzend zeigen konnte. Die Entwicklung der holländischen Genremalerei in späterer Zeit wollen wir doch wenigstens durch Nennung der berühmten Maler andeuten, es sind Ostade, Temers, Dou, Metsu, Mieris, Netscher u. a. Holland hat nicht die Industrie wie Belgien, aber es ist trotz- dem ein reiches Land zu nennen; denn es versügt über einen an- sehnlichen Kolonialbesitz, 2 Millionen □ km mit 33 Millionen Ein- 1 Schon im 16. Jahrhundert hat Antwerpen 350 Maler gehabt.

4. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 125

1901 - Glogau : Flemming
— 125 — Herrlichkeit". Wisby ist sozusagen die Mutter des Hansabundes ge- wesen, bis es später seinen Rang und seine Vorstandschast an Lübeck abtrat; auch hat Wisby wie Amalfi im Mittelmeer zuerst ein „Water- recht", also bestimmte Seegesetze ins Leben gerufen. — Als dann Schweden sich unter den Wasas von der Union der nordischen Reiche losgerissen hatte, erschien in Gustav Adolf, „dem Löwen aus Mitter- nacht", der eigentliche „Gründer schwedischer Größe", und von jetzt ab sind die Berührungen Schwedens mit Deutschland ebenso zahl- reich wie innig. Ja, in Volkssitte und Volkssprache ragen noch bis aus den heutigen Tag Erinnerungen an dieses nordische Volk in unser modernes Bewußtsein hinein. In Vorpommern, das am längsten im schwedischen Besitz geblieben war, besteht der Weihnachtsbrauch des Julklapps, das "Volk spricht von „ollen Schweden" und hat das französische suitier in diese ihm näher liegende und bequemere Be- zeichnung verzerrt; die „Schwedenschanzen" sind alte Ringe und Burgwälle aus der Vorzeit, und man will auch die Sitte des weih- nachtlichen Christbaums auf schwedische Einflüsse zur Zeit des Dreißig- jährigen Krieges zurückführen. Der „schwedische Trank" aus eben dieser Zeit war eine weniger angenehme Erinnerung; bedeutete er doch eine scheußliche Folterqual der an Bestialitäten so überaus reichen Zeit. Heutzutage mundet uns der „schwedische Punsch" ent- schieden besser. Überhaupt hatte Deutschland im 17. Jahrhundert unter dem Übermute der Schweden viel zu leiden, und die Ruhmes- that des Großen Kurfürsten bei Fehrbellin war für den gedrückten Stolz der Deutschen eine ebensolche Genugthuung, wie später der Sieg bei Roßbach, der über die anmaßenden Franzosen erfochten wurde. Die schwedische Sprache gilt für die am meisten melodische unter den nordischen Sprachen, weil sie die Vokale reiner in den Flexions- endungen erhalten hat. Den Artikel setzt sie an das Ende, so daß Benennungen wie Glommen, Wenern, Lofoddcn, wo die Endungen e oder en den Artikel darstellen, meist mißverstanden werden; die Eigennamen lauten Glomm, Lofodd, Wener ?c. Der ruhig über- legende Verstand ist von je ein Erbstück der Nation gewesen, und eben darum hat Schweden auch von je die bedeutendsten Gelehrten hervorgebracht; ich brauche nur an Berzelius, Linne und Celsius zu erinnern. Ein namhafter Gelehrter ist heute der schwedische König selbst, der greise Oskar Ii. So wie einst an dem Hofe Christinens, der Tochter Gustav Adolfs, die Gelehrsamkeit blühte, so daß ein Freinsheim sich daran machte, die verlorenen Bücher des Livins nach den Fragmenten und Epitomen in tadellos nachgeahmtem Livianischen Latein herauszugeben, so soll auch heute König Oskar den belebenden Mittelpunkt abgeben für die gelehrte Forschung seines Landes und im stände sein, den Studenten in fließendem Latein Vorlesungen zu halten. In neuerer

5. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. uncounted

1901 - Glogau : Flemming
Carl Flemming, Verlag, Buch- und Kunstdruckerei, R.g., Glogau. Erdkulrde für Höhere Leh^clnltcrtten von vi-. Adolf Pahde Oberlehrer am Realgymnasium xu Krefeld. I. Teil: Unterstufe (für Sexta und cjinnfa). Grundbegriffe — Die Erde — Abrih der Länderkunde — Deuts6zland. Mit 16 Vollbildern und 14 Abbildungen im Text. In Ganzleinwand gebunden M. 1,80. Ii. Teil: erstes Stück (für Äuarta und Untersekunda). Europa (außer Deutschland.) Mit 8 Vollbildern und 3 Abbildungen in: Text. In Ganzleinwand gebunden M. 1,80. Iii. Teil: Mittelstufe, Zweites ötück (für Antertertia). Außereuropäische Erdteile und Koloniren. Mit 8 Vollbildern und Abbildungen im Text. In Ganzleinwand gebunden M. 1,80. Ausführliche Prospekte und Anerkennungsschreiben aus Fachkreisen stehen kostenlos zu Diensten.

6. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. uncounted

1901 - Glogau : Flemming
Carl Flemnnng, Verlag. Buch- und Kunstdruckerei, M. G., Glogau. Rlljjters Atlas fiir höhere Schulen. Völlig neu bearbeitet von Professor Dr. I. W. Otto Richter in Berlin und Gymnasial-Oberlehrer Eonstantin Schulteis in Bonn. 45 Karten mit 40 Nebenkarten. Dreiundzwanzigste Auflage. (64. bis 70. Tausend). Elegant gebunden M. 5,—. Der Richtersche Atlas für höhere Schulen ist bei seinem ersten Erscheinen mit vielfachem Beifall aufgenommen, seitdem an zahlreichen Schulen eingeführt und in schnell auseiuander folgenden starken Auflagen weithin verbreitet worden. Aber die Verlagsbnchhandluug wollte sich nicht mit dem oft vernommenen aner- kennenden Urteile begnügen, daß sich dieses Werk als ein brauchbares Unterrichts- mittel bewähre, sondern war von dem Streben beseelt, dasselbe zu immer größerer Vollkommenheit fortzuentwickeln. Zu diesem Zwecke faßte sie eine völlige Neu- bearbeitung ins Auge. Auf ihren Wunsch verband sich zu diesem Zwecke der erste Herausgeber mit dem Gymnasial-Oberlehrer Constantin Schulteis, der sich bereits durch kartographische Arbeiten über seine engere Heimat bekannt gemacht hat. Die in mündlichen Beratungen zuvor vereinbarten Grundsätze für die Neu- bearbeitung haben dieselben Blatt für Blatt miteinander in aller Sorgfalt dnrch- zuführen gesucht und waren ernstlich bestrebt, überall den neuesten Standpunkt des Wissens zum Ausdruck zu bringen. Als Praktiker suchten sie den Atlas immer mehr den Bedürfnissen der höheren Schulen anzupassen und schieden daher noch vieles aus, was nicht vom Schüler gelernt werden soll, oder was sich zur Besprechung im Unterricht nicht eignet. Z. B. wurdeu von den Eisenbahnen nur die wichtigsten Linien aufgenommen. Ganz besonders war ihr Streben auf Klarheit und Übersichtlichkeit des Kartenbildes gerichtet. Daher verzichteten sie auf subtile Unterscheidungen in den staatsrechtlichen Abhängigkeitsverhältnissen bei fremden Erdteilen, namentlich bei Asien und Afrika. Da die Karte anderseits den Gebranch des Lehrbuches einschränken soll, wurde manches Interessante und Wichtige durch Zeichen angedeutet. Z. B. geben die Höhenzahlen an den Stromläufen Gelegenheit zu airregenden Messungen und Vergleichen, während die Hervorhebung der Kampfplätze und der für große Heere wichtigen Durchgangsgebiete den Atlas zur Förderung des Gefchichts- Unterrichts sehr geeignet macht. Die Orte sind nach ihrer Einwohnerzahl gezeichnet und geschrieben, wodurch ihre wisseuschaftliche Bedeutung besser in die Augen fällt. — Der Förderung des Verständnisses für Handel und Industrie sollen die Blätter 11 und 17 und die Hasenkärtchen dienen. — Die Tiefenverhältnisse der ver- schiedenen Meere sind eingehend berücksichtigt worden.

7. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 85

1901 - Glogau : Flemming
— 85 — Landesstücke Zwist mit den Nachbarn in übergroßem Maße hervor- gerufen hat. Osterreich hat in seiner Geschichte eine stattliche Reihe guter Feldherren auszuweisen; des Prinzen Eugen „haben wir schon gedacht, wir nennen noch drei Namen, die über Osterreich hinaus einen guten Klang gehabt haben: Radetzky und ^ie beiden Erzher- zöge, Bater und Sohn, Karl und Albrecht, die Zieger von Aspern 1809 und Custozza 1866. Die österreichische Armee war meist gut bewaffnet, und auch in dem Kriege von 1866 mußten die preußi- schen Truppen die Überlegenheit der österreichischen gezogenen Kanonen recht schmerzlich empsinden. Österreich hat sich sodann immer durch kühne Seesahrer und verdiente Admirale ausgezeichnet. Ebenfalls in dem oben erwähnten Kriege von 1866 siegte Tegetthof über die Italiener bei Lissa, und die Weltreise der Novara, sowie die Nord- polfahrt von Weyprecht und Payer 1872 — 74, die zur Entdeckung des Franz Josephslandes führte, sichern Österreich in der Geschichte der Seefahrten für immer einen „ehrenvollen Platz. Überhaupt finden Geographie und Geologie in Öfterreich die dankenswerteste Förde- rung, und auch die anderen exakten Wissenschaften sind rühmlichst in dem Donaustaate vertreten. Die Heilkunde hat daselbst unter ihren Vertretern und Forschern so berühmte Namen gezählt wie Rokitansky und Billroth, und die Wiener Krankenhäuser und „Kliniken genießen eines Weltruses. Eine erfreuliche Pflege fand in Österreich auch die Geschichtswissenschaft; namentlich haben die reichen Benediktiner- und Eisterzienserabteien, die mit ihren großen Bibliotheken und der ganzen prächtigen Ausstattung recht zum Gelehrtensleiß und Studium ein- laden, gediegene geschichtliche Arbeiten zu Tage gefördert. In die Freude über die fortgesetzten lauteren Errungenschaften, die die Wissenschast hier zu gewinnen hatte, mischen sich seit den letzten Jahrzehnten allerlei Mißtöne, die von der seit Palaky wenig skrupel- losen tschechischen Geschichtsforschung herrühren. Man will die über- legene deutsche Kultur durch allerlei Übertreibungen, ja sogar Fäl- schungen in betreff der eingeborenen tschechischen Litteratur aus dem Sattel zu heben und zu übertrumpfen fuchen. Auf dem Gebiete der Wissenschast sehen wir in Österreich zwar ein ernstes Streben; aber der Erfolg ist doch nur der, daß im großen und ganzen auch dieses Reich hinter anderen Kulturnationen nicht zurückbleibt; aus dem Gebiete der Kunst dagegen, und zwar der Kunst, die am meisten an ihren himmlischen Ursprung zu erinnern im stände ist, nämlich — der Musik hat Österreich vor den übrigen einen weiten Vorsprung gewonnen. Man könnte sagen, in dieser Beziehung ist das Donaureich das rechte Gegenstück zu England. Hier ein Mangel an musikalischer Besähigung, und seit Händels Zeit müssen fremde Komponisten der nationalen Unfähigkeit zu Hilfe kommen; in Öfter- reich durch alle Volksklassen hin, sowohl bei Slaven, Magyaren wie

8. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 86

1901 - Glogau : Flemming
— 86 — Deutschen, ein musikalischer Sinn und eine Begabung und Leiden- schastlichkeit in der Ausübung musikalischer Fertigkeiten, daß diese Allgemeinheit der Musikempfänglichkeit ganz ohnegleichen dasteht. Ter Jodler in den Alpen, der Tiroler mit der Zither, der ungarische Zigeuner mit der Geige, das böhmische Harsenmädchen verraten eine ^ Liebe zur Musik und eine staunenswerte Begabung, daß der Fremde wie vor einem Wunder steht. Es ist, als wenn der ganzen Nation noch ein besonderer sechster Sinn für die Anempsindung und An- Passung an Naturlaut und Naturweben eigens angeboren wäre, wie man denn beim Jodeln darauf hinweisen will, daß es besonders der Erweckung des Echos angepaßt sei und daß sozusagen „Straußsche Walzer als die verklärten Töne des Jodelns" erschienen. Wiederum sind die ungarischen Tänze und Czardas ein ganz eigenartiges Musik- stück mit ihrer bald schwermütigen Melodie und ihren bald in rasenden Rhythmen dahineilenden Kadenzen. — Es ist naturgemäß, daß es bei einem so musikalischen Volke auch an gottbegnadeten Musikern und Komponisten nicht gefehlt hat, und so ist denn Wien zu- nächst ausgezeichnet durch die drei großen Klassiker Haydn, Mozart, Beethoven, denen Berlin jetzt ein gemeinsames Gruppendenkmal setzen will. Beneidenswertes Land, in dem drei solcher Geister wohnen und sich glücklich sühlen konnten, und beneidenswertes Europa, dem drei solcher musikalischen Schöpfungen beschieden wurden, wie die Schöpfung, der Don Juan und die Beethovenfchen Symphonieen! Wir sind dem Staate und Volke, das solche Geister sein eigen nennen durfte, ewigen Dank schuldig. . Und nach diesem Dreigestirn kompo- nierte Franz Schubert noch seine Lieder! Wenn Schiller von den Schöpfungen des wahren Künstlers dichtet: Nicht der Masse qualvoll abgerungen, Schlank und leicht, wie aus dem Nichts gesprungen Steht das Bild vor dem entzückten Blick — so war bei diesen Künstlern von Gottes Gnaden die Forderung des Dichters erfüllt. Noch in blutjungen Jahren warf Schubert in größter Eile eine Komposition aus das Papier, und ohne daß er nachher nötig gehabt hätte, daran zu feilen oder Takte zu ändern, ist so der unsterbliche „Erlkönig" der Nachwelt geschenkt. Und des- gleichen hat Mozart seine Ouvertüre zum Don Juan erst kurz vor der Ausführung hastig komponieren müssen, so daß die Orchestermitglieder sie noch von den nassen Blättern extempore spielten, und wieviel Herzen haben sich heute an diesen meisterhaften Klängen erfreut! So hat jedes Volk seine Vorzüge und seine geniale Beanlagung, und aus dem Zusammenklange dieser Kulturthaten ist das erwachsen, was wir heute unsere abendländische Civilisation nennen.

9. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 25

1901 - Glogau : Flemming
— 25 — zösische Mittelgebirge fällt ostwärts ziemlich steil zum Rhonethale und erscheint also hier am Ostrande als imposante Gebirgswand; nach Westen dacht es sich zu einförmigen Plateaus ab. In der Lücke zwischen Mittelgebirge und Pyrenäen findet sich eine Senke, die der canal du midi durchzieht und die also Verbindungsglied ist zwischen der westlicheren Ebene der Garonne und der Rhoneniederung. Hier ist das Gebiet von Toulouse, Languedoc und Provence, be- rühmt in der Kulturgeschichte durch das Zeitalter der Troubadoure und durch seine religiösen Erweckungen. Noch im 12. Jahrhundert blühte in diesem Landstrich der Troubadour Bertrand de Born, der mit der gewaltigen Kraft seiner Lieder die Kinder gegen den Vater, den englischen König Heinrich Ii., aufreizte: aus des Ölbaums Schlummerschatten fuhr Dein bester Sohn empor, sagt der Dichter in dem Uhlandschen Liede zu dem Vater. Die Troubadoure wurden vorbildlich für unsere deutschen Minnesänger, und noch in einer anderen Beziehung ist von hier mit Beispiel und Mahnruf das süd- liche Frankreich den nördlicheren Völkern vorangegangen. Im Kreuz- zugs-Zeitalter ist hier zuerst die Begeisterung erwacht, und das dien le volt weckte überall die kampfbereiten Scharen. Welche Erinnerungen erregen ferner Avignon und Vaucluse. In ersterem hatten die Päpste im 14. Jahrhundert ihr babylonisches Exil, die vielen Kirchen und Klöster verschafften der Stadt den Beinamen 1a ville sonnante, und in Vaucluse führte Petrarca ein einsiedlerisches Dasein und dichtete seine berühmten Sonette an Laura. Das Plateau des Felsens, auf dem die päpstlichen Bauten stehen, gewährt eine entzückende Aus- ficht über die charakteristischen Eigentümlichkeiten der proven^alischen Landschaft, die düsteren Höhen des Alpengebirges, die mit Ölbäumen bedeckte Flußebene und stromabwärts die Kieswüste der Crau und das Sumpfland Camargue. Das Klima des Landes ist paradiesisch, die Olivenpflanzungen erzeugen das Provenceöl, und die vielen Veilchen- und Thymianfelder sichern Marseille den Ruf, die be- rühmtesten Parsümeriesabriken zu besitzen. Allerdings weht mitunter, namentlich im Frühjahr, von den Alpen der böse Mistralwind hin- unter, und es ist vorgekommen, daß dann die Kälte die Oliven bis an die Wurzel zerstört hat. Wandern wir den Rhonefluß aufwärts, so kommen wir in ein namhaftes Industriegebiet, wo an 200 Menschen auf dem [nkm wohnen, es ist die Gegend von Lyon und St. Etienne. Das warme italienische Klima des Rhonethales hat neben den Oliven und Süd- srüchten noch eine dritte Pflanzung begünstigt, nämlich die der Maul- beerbäume, und so ist Lyon Europas Hauptsabrikations- und Haupt- Marktplatz für Seidenstoffe geworden; namentlich werden die geschmack- vollen Muster sehr gerühmt. Lyon ist die zweite Stadt Frankreichs mit über 400 Tausend Einwohnern — überhaupt das „industrielle

10. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. uncounted

1901 - Glogau : Flemming
Carl Fwmmng, Verlag, Buch- und Kunstdruckerei, A. G., Glogau. Außer dem vorliegenden Teil sind erschienen: Erdkundliche Aufsätze für die oberen Klaffen höherer Lehranstalten von Dr. Rudolf Hanncke Pro fesso r am Gymnasium xu Köslin. Deiltfchland und die siiuf Erdteile. Mit 12 Vollbildern. I n G a n z l e i n >v a n d gebunden M. 1,80. Erklärung geographischer Mamen. Unler besonderer Berücksichtigung des Preußischen Staates und der deutschen Rolonieen. Eln Machschlagebuch für Lehrer und Lernende. Herausgegeben von Eduard Beiche. Broschiert M. 2,49. . . . Wie der Verfasser im Vorwort erklärt, soll vorliegendes Büchlein namentlich Lehrern und Lernenden eine Handreichung bieten beim Unterricht in der Geographie. Obwohl schon ähnliche Schriften vorhanden sind, so kann man die neu erschienene doch nicht als überflüssig erklären, da sie teilweise eine andere Richtung einschlägt. Sie berücksichtigt nämlich spedell die in der mathematischen und physischen Erdkunde vorkommenden Bezeichnungen, ferner die alte Geographie und die deutschen Kolonieen. Auch hinsichtlich der preußischen und deutschen Ortsnamen ist das Werkchen reichhaltiger als seine Vorgänger. Die Erklärungen selbst sind kurz gehalten und, soweit unsere Prüfung reicht, richtig. Die äußere Ausstattung des Werkchens ist tadellos. (Deutsche Geograph. Blätter Bremen.)
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