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bare Erzählung vom Robinson, und es folgten jene Romane teils
sentimentalen, teils humoristisch-satirischen Charakters, die allerwärts
bewundert und nachgeahmt wurden. Um die Mitte des 18. Jahr-
Hunderts begann auch die deutsche Muse sich zu regen;
stolz auf die kühne, stolzer auf sich, beinaß
die hohe Britin — dich Tuiskone
singt Klopstock in den „beiden Musen". Also wohlgemerkt, .unsere
deutschen Schriftsteller fühlten ihre Abhängigkeit von den englischen
Vorbildern, und Lessing warf zuerst den Feuergedanken in die Seelen
des jungen litterärischen Deutschlands, daß Shakespeare unser drama-
tisches Muster sein müsse und nicht die angebeteten Franzosen. —
Auch im neunzehnten Jahrhundert haben zwei englische Schriftsteller
den Löwenanteil davongetragen in der Befriedigung des Lesedurstes
und gespannten Interesses für ein größeres Publikum, nämlich
Walther Scott und Dickens (Voz). Die historischen Romane des
schottischen Dichters von Abbotsford erregten namentlich in Deutsch-
land großes Aufsehen und riefen eine ganze Schule deutscher Dichter
ins Leben, wie man denn z. B. von einem brandenburgischen Walther
Scott spricht (Willibald Alexis) ^ und „viele Stoffe der Romane zu
bekannten Operntexten verwertet hat. Ähnlich hat Dickens mit seinen
Erzählungen den größten Beisall gefunden, und die komischen Figuren
der Pikwickier sind in beiden Hemisphären der Welt viel belacht
worden. Aber dennoch hat im 19. Jahrhundert das Interesse für
die schöngeistige Litteratur Englands deutlich abzuebben begonnen,
und es ist so, als ob diese Minderung der Teilnahme zeitlich ziem-
lich zusammenträfe mit dem Besuche, den der begeisterte englische
Dichter Thackeray bei unserem Dichterfürsten Goethe machte. Die
deutsche Litteratur hatte jetzt volles Genüge an ihrer klassischen Periode,
und auch die Epigonen ließen sich im Geschmacke des größeren Publi-
kums nicht mehr verdrängen.
Gleichermaßen zählt England in den Wissenschaften und den
technischen Ersindungeu die erleuchtetsten Geister. Eine besondere
Pflege fand das Gebiet der Geschichte. Gibbon, Groote, Carlyle
schufen viel bewunderte Werke, und namentlich die archäologische
Forschung verdankte dem Reichtum und Ansehen des Weltreiches
eine ungeahnte Förderung, wie das die Ausgrabungen in Niniveh
und die ägyptologischen Studien ergaben. Desgleichen wurde die
Volkswirtschaft neu angebaut; ich nenne nur Malthus. Ebenso haben
die exakten Wissenschaften in ihren verschiedensten Abstufungen in den
Engländern ganz ausgezeichnete Vertreter gefunden. Die Erdkunde
ist durch die mit beispiellosem Mute unternommenen Forscherreisen zu
1 Ernst Wichert wird von Gottschall „der Walther Scott Ostpreußens" genannt.
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TM Hauptwörter (100): [T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner]]
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Extrahierte Personennamen: Robinson Lessing Walther_Scott Dickens Walther
Scott Willibald_Alexis Dickens Thackeray Goethe Malthus Ernst_Wichert Ernst Gottschall Walther_Scott_Ostpreußens"
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Deutsch- Englands England Niniveh
— 45 —
Die Alpenstraßen führen auf diesen Vereinigungspunkt zusammen,
und so ist in der Stadt das Element der Fremden bedeutsam ver-
treten-, will man doch auch in Mailand einen weniger italienischen
als internationalen Stadttypus erkennen. Mit seinen 400000 Ein-
wohnern ist es das Handelscentrum für die überaus fruchtbare Lom-
bardei; und namentlich spielt die Seiden-Jndustrie und -Ausfuhr in ihr
eine große Rolle. Daneben hat Mailand eine interessante Geschichte;
im Mittelalter trotzte es den deutschen Kaisern, und man rechnet
nach, daß es 48 mal belagert und 23 mal erstürmt worden ist. Ganz
im Westen der Poebene liegt Turin, die Hauptstadt jenes kernigen
Volksstammes, der Piemontesen, dem die Einigung Italiens ge-
lingen sollte.
Um das untere Pogebiet und südwärts vom Flusse in der so-
genannten Emilia liegt eine Menge bedeutender kleiner Städte, und
der ganze Landstrich ähnelt recht in seiner charakteristischen Zusammen-
setzung und früheren Geschichte den centraldeutschen Gebietsteilen,
z. B. Thüringen. Hier gediehen die kleinen Fürstentümer mit ihrer
intensiven Pflege der Kunst, und die Namen der Dynaftieen sind
unsterblich geworden. In Mantua, in dessen Nähe Vergil geboren
ist, der sich so schmerzlich nach der schilfbekränzten Flut des Mincio
sehnte, regierten die Gonzagas, und der Maler Giulio Romano war
der Liebling des Hofes. Eine kleine Abzweigung des Fürstentumes
war Guastalla, das durch Lessings Emilia Galotti bekanntlich ver-
ewigt ist. In Ferrara blühten die Estes, und Tasso weilte in dieser
kleinen Residenzstadt.
Die Stätte, die ein guter Mensch betrat,
ist eingeweiht, noch nach Jahrhunderten klingt
sein Wort und seine That dein Enkel wieder.
An der großen Bahn, die sich weiterhin zu der bekannten Rücken-
eisenbahn entwickelt und sich bis nach Brindisi hinzieht, liegen Parma
und Modena, die lange Zeit in der neueren Geschichte als Residenzen
bekannt waren. Dann erscheint südwärts Canossa, unglückselig be-
rühmt durch die Demütigung des deutschen Kaisertums im Jahre
1077, und endlich Bologna, von den Italienern 1a grassa — die
reiche — genannt. Bologna ist seit dem frühen Mittelalter berühmt
als die Stadt der Rechtsgelehrten, und auch im Kaufmann von
Venedig muß Portia als Rechtsgelehrter aus Bologna auftreten und
den bösen Handel mit Shylock entscheiden. Die Bahn läuft in süd-
westlicher Richtung bis Ancona, der alten „Ellenbogenstadt", wo der
Apennin seinen Knick macht und wo der Dom in herrlicher Lage
hinausschaut auf das Adriameer.
Von Bologna aus zweigt sich die mittelitalische Eisenbahn ab,
die uns an die Gestade des tyrrhenischen Meeres bringen soll. Die
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— 123 —
Ausdruck bringen, und so entsteht der farbige Ausputz der Häuser
und vor allem die historische — Blumenliebhaberei. Die Haarlemer
Tulpenzucht, die fast wahnsinnigen Preise, die sür eine neue Spiel-
art der Tulpenzwiebel gezahlt wurden, sind Wohl allen bekannt. Aber
diese Farbenfreude hatte noch eine andere Folge, sie ließ die Malerei
entstehen und machte die Niederländer zu berühmten Künstlern. Die
Malerei ist die eigentlich moderne und nordische Kunst. Der Süden
hat in dem herrlichen, sonnigen Klima die Gabe sür die Plastik von
der Natur empfangen, der Norden in seiner nebligen Luft bevorzugt
die Malerei, die seinem Können und Empfinden näher steht. Schon
in früher Zeit war bei den Niederländern die besondere Lust an der
Malerei erwacht, und Danzig hegt als seinen höchsten künstlerischen
Schatz das jüngste Gericht in der Marienkirche, gemalt von dem
Niederländer Hans Mümling (f 1495). Zur bewunderten Blüte
entfaltete sich aber die niederländische Malerei zur Zeit des Dreißig-
jährigen Krieges, und zwar in der Vrabanter Schule, die in den
katholisch gebliebenen spanischen Niederlanden gedieh, und in der
Holländer Malerei, die noch bis in das 18. Jahrhundert hinein
Meisterwerke erzeugte. Das Haupt der Brabanter Schule ist Peter-
Paul Rubens in Antwerpen, und gleichermaßen bekannt ist sein
Schüler, der weichere van Dyck, ausgezeichnet als Bildnismaler.1
Rubens, „der Fürst unter den Malern", lebte unter den glücklichsten
äußeren Verhältnissen und schus Wohl 1000 Gemälde. Er ist der
Meister der dramatischen Lebendigkeit und einer überaus wahren und
tiefen Empfindung. Allmählich sagte sich Holland auch in malerisch-
technischer Beziehung von den südlichen Provinzen los, und so ent-
stand die Holländische Malerei, eine durch und durch nationale, bürger-
liche und realistische Kunst. Porträtmalerei und Genre sind die Haupt-
gattungen dieser Malerei, und vielfach zeigt sich die Realistik in einer
derben Wiedergabe der Natur und des Volkslebens. Der bestimmende
Meister dieser Malerschule ist Rembrandt, unübertroffen in der Be-
Handlung des Helldunkels. Die realistische Virtuosität der lebens-
wahren Wiedergabe der einzelnen Persönlichkeiten ließ in dieser Zeit
die großen Gruppenbilder entstehen, wie die Schutters-maaltijd
des van der Helst und die Nachtwache Rembrandts, in der er seine
besondere- Begabung für seltsame Beleuchtung glänzend zeigen konnte.
Die Entwicklung der holländischen Genremalerei in späterer Zeit
wollen wir doch wenigstens durch Nennung der berühmten Maler
andeuten, es sind Ostade, Temers, Dou, Metsu, Mieris, Netscher u. a.
Holland hat nicht die Industrie wie Belgien, aber es ist trotz-
dem ein reiches Land zu nennen; denn es versügt über einen an-
sehnlichen Kolonialbesitz, 2 Millionen □ km mit 33 Millionen Ein-
1 Schon im 16. Jahrhundert hat Antwerpen 350 Maler gehabt.
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Extrahierte Personennamen: Hans_Mümling Rembrandt
Extrahierte Ortsnamen: Danzig Marienkirche Antwerpen Holland Rembrandts Metsu Holland Belgien Antwerpen
— 125 —
Herrlichkeit". Wisby ist sozusagen die Mutter des Hansabundes ge-
wesen, bis es später seinen Rang und seine Vorstandschast an Lübeck
abtrat; auch hat Wisby wie Amalfi im Mittelmeer zuerst ein „Water-
recht", also bestimmte Seegesetze ins Leben gerufen. — Als dann
Schweden sich unter den Wasas von der Union der nordischen Reiche
losgerissen hatte, erschien in Gustav Adolf, „dem Löwen aus Mitter-
nacht", der eigentliche „Gründer schwedischer Größe", und von jetzt
ab sind die Berührungen Schwedens mit Deutschland ebenso zahl-
reich wie innig. Ja, in Volkssitte und Volkssprache ragen noch bis
aus den heutigen Tag Erinnerungen an dieses nordische Volk in unser
modernes Bewußtsein hinein. In Vorpommern, das am längsten im
schwedischen Besitz geblieben war, besteht der Weihnachtsbrauch des
Julklapps, das "Volk spricht von „ollen Schweden" und hat das
französische suitier in diese ihm näher liegende und bequemere Be-
zeichnung verzerrt; die „Schwedenschanzen" sind alte Ringe und
Burgwälle aus der Vorzeit, und man will auch die Sitte des weih-
nachtlichen Christbaums auf schwedische Einflüsse zur Zeit des Dreißig-
jährigen Krieges zurückführen. Der „schwedische Trank" aus eben
dieser Zeit war eine weniger angenehme Erinnerung; bedeutete er
doch eine scheußliche Folterqual der an Bestialitäten so überaus
reichen Zeit. Heutzutage mundet uns der „schwedische Punsch" ent-
schieden besser. Überhaupt hatte Deutschland im 17. Jahrhundert
unter dem Übermute der Schweden viel zu leiden, und die Ruhmes-
that des Großen Kurfürsten bei Fehrbellin war für den gedrückten
Stolz der Deutschen eine ebensolche Genugthuung, wie später der
Sieg bei Roßbach, der über die anmaßenden Franzosen erfochten wurde.
Die schwedische Sprache gilt für die am meisten melodische unter
den nordischen Sprachen, weil sie die Vokale reiner in den Flexions-
endungen erhalten hat. Den Artikel setzt sie an das Ende, so daß
Benennungen wie Glommen, Wenern, Lofoddcn, wo die Endungen
e oder en den Artikel darstellen, meist mißverstanden werden; die
Eigennamen lauten Glomm, Lofodd, Wener ?c. Der ruhig über-
legende Verstand ist von je ein Erbstück der Nation gewesen, und
eben darum hat Schweden auch von je die bedeutendsten Gelehrten
hervorgebracht; ich brauche nur an Berzelius, Linne und Celsius zu
erinnern. Ein namhafter Gelehrter ist heute der schwedische König
selbst, der greise Oskar Ii.
So wie einst an dem Hofe Christinens, der Tochter Gustav
Adolfs, die Gelehrsamkeit blühte, so daß ein Freinsheim sich daran
machte, die verlorenen Bücher des Livins nach den Fragmenten und
Epitomen in tadellos nachgeahmtem Livianischen Latein herauszugeben,
so soll auch heute König Oskar den belebenden Mittelpunkt abgeben
für die gelehrte Forschung seines Landes und im stände sein, den
Studenten in fließendem Latein Vorlesungen zu halten. In neuerer
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Berzelius Linne Gustav
Adolfs Gustav Adolfs
Extrahierte Ortsnamen: Amalfi Schwedens Deutschland Schweden Deutschland Schweden Fehrbellin Roßbach Wenern Lofoddcn Schweden Hofe_Christinens Freinsheim
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Extrahierte Ortsnamen: Glogau Krefeld Deuts6zland Ganzleinwand Europa Deutschland Ganzleinwand Ganzleinwand
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Der Richtersche Atlas für höhere Schulen ist bei seinem ersten Erscheinen
mit vielfachem Beifall aufgenommen, seitdem an zahlreichen Schulen eingeführt
und in schnell auseiuander folgenden starken Auflagen weithin verbreitet worden.
Aber die Verlagsbnchhandluug wollte sich nicht mit dem oft vernommenen aner-
kennenden Urteile begnügen, daß sich dieses Werk als ein brauchbares Unterrichts-
mittel bewähre, sondern war von dem Streben beseelt, dasselbe zu immer größerer
Vollkommenheit fortzuentwickeln. Zu diesem Zwecke faßte sie eine völlige Neu-
bearbeitung ins Auge. Auf ihren Wunsch verband sich zu diesem Zwecke der
erste Herausgeber mit dem Gymnasial-Oberlehrer Constantin Schulteis, der sich
bereits durch kartographische Arbeiten über seine engere Heimat bekannt gemacht hat.
Die in mündlichen Beratungen zuvor vereinbarten Grundsätze für die Neu-
bearbeitung haben dieselben Blatt für Blatt miteinander in aller Sorgfalt dnrch-
zuführen gesucht und waren ernstlich bestrebt, überall den neuesten Standpunkt
des Wissens zum Ausdruck zu bringen.
Als Praktiker suchten sie den Atlas immer mehr den Bedürfnissen der
höheren Schulen anzupassen und schieden daher noch vieles aus, was nicht vom
Schüler gelernt werden soll, oder was sich zur Besprechung im Unterricht nicht
eignet. Z. B. wurdeu von den Eisenbahnen nur die wichtigsten Linien aufgenommen.
Ganz besonders war ihr Streben auf Klarheit und Übersichtlichkeit
des Kartenbildes gerichtet. Daher verzichteten sie auf subtile Unterscheidungen in
den staatsrechtlichen Abhängigkeitsverhältnissen bei fremden Erdteilen, namentlich
bei Asien und Afrika.
Da die Karte anderseits den Gebranch des Lehrbuches einschränken
soll, wurde manches Interessante und Wichtige durch Zeichen angedeutet. Z. B.
geben die Höhenzahlen an den Stromläufen Gelegenheit zu airregenden Messungen
und Vergleichen, während die Hervorhebung der Kampfplätze und der für große
Heere wichtigen Durchgangsgebiete den Atlas zur Förderung des Gefchichts-
Unterrichts sehr geeignet macht.
Die Orte sind nach ihrer Einwohnerzahl gezeichnet und geschrieben,
wodurch ihre wisseuschaftliche Bedeutung besser in die Augen fällt. — Der
Förderung des Verständnisses für Handel und Industrie sollen die Blätter 11
und 17 und die Hasenkärtchen dienen. — Die Tiefenverhältnisse der ver-
schiedenen Meere sind eingehend berücksichtigt worden.
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Extrahierte Personennamen: Carl_Flemnnng Rlljjters W._Otto_Richter Otto Constantin_Schulteis Constantin
Extrahierte Ortsnamen: Glogau Berlin Eonstantin_Schulteis Bonn Asien Afrika
— 85 —
Landesstücke Zwist mit den Nachbarn in übergroßem Maße hervor-
gerufen hat. Osterreich hat in seiner Geschichte eine stattliche Reihe
guter Feldherren auszuweisen; des Prinzen Eugen „haben wir schon
gedacht, wir nennen noch drei Namen, die über Osterreich hinaus
einen guten Klang gehabt haben: Radetzky und ^ie beiden Erzher-
zöge, Bater und Sohn, Karl und Albrecht, die Zieger von Aspern
1809 und Custozza 1866. Die österreichische Armee war meist gut
bewaffnet, und auch in dem Kriege von 1866 mußten die preußi-
schen Truppen die Überlegenheit der österreichischen gezogenen Kanonen
recht schmerzlich empsinden. Österreich hat sich sodann immer durch
kühne Seesahrer und verdiente Admirale ausgezeichnet. Ebenfalls in
dem oben erwähnten Kriege von 1866 siegte Tegetthof über die
Italiener bei Lissa, und die Weltreise der Novara, sowie die Nord-
polfahrt von Weyprecht und Payer 1872 — 74, die zur Entdeckung
des Franz Josephslandes führte, sichern Österreich in der Geschichte
der Seefahrten für immer einen „ehrenvollen Platz. Überhaupt finden
Geographie und Geologie in Öfterreich die dankenswerteste Förde-
rung, und auch die anderen exakten Wissenschaften sind rühmlichst in
dem Donaustaate vertreten. Die Heilkunde hat daselbst unter ihren
Vertretern und Forschern so berühmte Namen gezählt wie Rokitansky
und Billroth, und die Wiener Krankenhäuser und „Kliniken genießen
eines Weltruses. Eine erfreuliche Pflege fand in Österreich auch die
Geschichtswissenschaft; namentlich haben die reichen Benediktiner- und
Eisterzienserabteien, die mit ihren großen Bibliotheken und der ganzen
prächtigen Ausstattung recht zum Gelehrtensleiß und Studium ein-
laden, gediegene geschichtliche Arbeiten zu Tage gefördert. In die
Freude über die fortgesetzten lauteren Errungenschaften, die die
Wissenschast hier zu gewinnen hatte, mischen sich seit den letzten
Jahrzehnten allerlei Mißtöne, die von der seit Palaky wenig skrupel-
losen tschechischen Geschichtsforschung herrühren. Man will die über-
legene deutsche Kultur durch allerlei Übertreibungen, ja sogar Fäl-
schungen in betreff der eingeborenen tschechischen Litteratur aus dem
Sattel zu heben und zu übertrumpfen fuchen.
Auf dem Gebiete der Wissenschast sehen wir in Österreich zwar
ein ernstes Streben; aber der Erfolg ist doch nur der, daß im großen
und ganzen auch dieses Reich hinter anderen Kulturnationen nicht
zurückbleibt; aus dem Gebiete der Kunst dagegen, und zwar der Kunst,
die am meisten an ihren himmlischen Ursprung zu erinnern im stände
ist, nämlich — der Musik hat Österreich vor den übrigen einen weiten
Vorsprung gewonnen. Man könnte sagen, in dieser Beziehung ist
das Donaureich das rechte Gegenstück zu England. Hier ein Mangel
an musikalischer Besähigung, und seit Händels Zeit müssen fremde
Komponisten der nationalen Unfähigkeit zu Hilfe kommen; in Öfter-
reich durch alle Volksklassen hin, sowohl bei Slaven, Magyaren wie
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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Extrahierte Personennamen: Eugen Radetzky Karl Karl Albrecht Albrecht Lissa Franz Rokitansky Palaky
Extrahierte Ortsnamen: Osterreich Osterreich Aspern Donaureich England
— 86 —
Deutschen, ein musikalischer Sinn und eine Begabung und Leiden-
schastlichkeit in der Ausübung musikalischer Fertigkeiten, daß diese
Allgemeinheit der Musikempfänglichkeit ganz ohnegleichen dasteht.
Ter Jodler in den Alpen, der Tiroler mit der Zither, der ungarische
Zigeuner mit der Geige, das böhmische Harsenmädchen verraten eine
^ Liebe zur Musik und eine staunenswerte Begabung, daß der Fremde
wie vor einem Wunder steht. Es ist, als wenn der ganzen Nation
noch ein besonderer sechster Sinn für die Anempsindung und An-
Passung an Naturlaut und Naturweben eigens angeboren wäre, wie
man denn beim Jodeln darauf hinweisen will, daß es besonders der
Erweckung des Echos angepaßt sei und daß sozusagen „Straußsche
Walzer als die verklärten Töne des Jodelns" erschienen. Wiederum
sind die ungarischen Tänze und Czardas ein ganz eigenartiges Musik-
stück mit ihrer bald schwermütigen Melodie und ihren bald in rasenden
Rhythmen dahineilenden Kadenzen. — Es ist naturgemäß, daß es
bei einem so musikalischen Volke auch an gottbegnadeten Musikern
und Komponisten nicht gefehlt hat, und so ist denn Wien zu-
nächst ausgezeichnet durch die drei großen Klassiker Haydn, Mozart,
Beethoven, denen Berlin jetzt ein gemeinsames Gruppendenkmal setzen
will. Beneidenswertes Land, in dem drei solcher Geister wohnen
und sich glücklich sühlen konnten, und beneidenswertes Europa, dem
drei solcher musikalischen Schöpfungen beschieden wurden, wie die
Schöpfung, der Don Juan und die Beethovenfchen Symphonieen!
Wir sind dem Staate und Volke, das solche Geister sein eigen nennen
durfte, ewigen Dank schuldig. . Und nach diesem Dreigestirn kompo-
nierte Franz Schubert noch seine Lieder! Wenn Schiller von den
Schöpfungen des wahren Künstlers dichtet:
Nicht der Masse qualvoll abgerungen,
Schlank und leicht, wie aus dem Nichts gesprungen
Steht das Bild vor dem entzückten Blick —
so war bei diesen Künstlern von Gottes Gnaden die Forderung des
Dichters erfüllt. Noch in blutjungen Jahren warf Schubert in
größter Eile eine Komposition aus das Papier, und ohne daß er
nachher nötig gehabt hätte, daran zu feilen oder Takte zu ändern,
ist so der unsterbliche „Erlkönig" der Nachwelt geschenkt. Und des-
gleichen hat Mozart seine Ouvertüre zum Don Juan erst kurz vor der
Ausführung hastig komponieren müssen, so daß die Orchestermitglieder
sie noch von den nassen Blättern extempore spielten, und wieviel
Herzen haben sich heute an diesen meisterhaften Klängen erfreut!
So hat jedes Volk seine Vorzüge und seine geniale Beanlagung,
und aus dem Zusammenklange dieser Kulturthaten ist das erwachsen,
was wir heute unsere abendländische Civilisation nennen.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
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Extrahierte Personennamen: Haydn Mozart Beethoven Franz_Schubert Franz Schiller Schubert Mozart
— 25 —
zösische Mittelgebirge fällt ostwärts ziemlich steil zum Rhonethale
und erscheint also hier am Ostrande als imposante Gebirgswand;
nach Westen dacht es sich zu einförmigen Plateaus ab. In der
Lücke zwischen Mittelgebirge und Pyrenäen findet sich eine Senke,
die der canal du midi durchzieht und die also Verbindungsglied ist
zwischen der westlicheren Ebene der Garonne und der Rhoneniederung.
Hier ist das Gebiet von Toulouse, Languedoc und Provence, be-
rühmt in der Kulturgeschichte durch das Zeitalter der Troubadoure
und durch seine religiösen Erweckungen. Noch im 12. Jahrhundert
blühte in diesem Landstrich der Troubadour Bertrand de Born, der
mit der gewaltigen Kraft seiner Lieder die Kinder gegen den Vater,
den englischen König Heinrich Ii., aufreizte: aus des Ölbaums
Schlummerschatten fuhr Dein bester Sohn empor, sagt der Dichter
in dem Uhlandschen Liede zu dem Vater. Die Troubadoure wurden
vorbildlich für unsere deutschen Minnesänger, und noch in einer
anderen Beziehung ist von hier mit Beispiel und Mahnruf das süd-
liche Frankreich den nördlicheren Völkern vorangegangen. Im Kreuz-
zugs-Zeitalter ist hier zuerst die Begeisterung erwacht, und das dien
le volt weckte überall die kampfbereiten Scharen. Welche Erinnerungen
erregen ferner Avignon und Vaucluse. In ersterem hatten die Päpste
im 14. Jahrhundert ihr babylonisches Exil, die vielen Kirchen und
Klöster verschafften der Stadt den Beinamen 1a ville sonnante, und
in Vaucluse führte Petrarca ein einsiedlerisches Dasein und dichtete
seine berühmten Sonette an Laura. Das Plateau des Felsens,
auf dem die päpstlichen Bauten stehen, gewährt eine entzückende Aus-
ficht über die charakteristischen Eigentümlichkeiten der proven^alischen
Landschaft, die düsteren Höhen des Alpengebirges, die mit Ölbäumen
bedeckte Flußebene und stromabwärts die Kieswüste der Crau und
das Sumpfland Camargue. Das Klima des Landes ist paradiesisch,
die Olivenpflanzungen erzeugen das Provenceöl, und die vielen
Veilchen- und Thymianfelder sichern Marseille den Ruf, die be-
rühmtesten Parsümeriesabriken zu besitzen. Allerdings weht mitunter,
namentlich im Frühjahr, von den Alpen der böse Mistralwind hin-
unter, und es ist vorgekommen, daß dann die Kälte die Oliven bis
an die Wurzel zerstört hat.
Wandern wir den Rhonefluß aufwärts, so kommen wir in ein
namhaftes Industriegebiet, wo an 200 Menschen auf dem [nkm
wohnen, es ist die Gegend von Lyon und St. Etienne. Das warme
italienische Klima des Rhonethales hat neben den Oliven und Süd-
srüchten noch eine dritte Pflanzung begünstigt, nämlich die der Maul-
beerbäume, und so ist Lyon Europas Hauptsabrikations- und Haupt-
Marktplatz für Seidenstoffe geworden; namentlich werden die geschmack-
vollen Muster sehr gerühmt. Lyon ist die zweite Stadt Frankreichs
mit über 400 Tausend Einwohnern — überhaupt das „industrielle
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T99: [Frankreich Loire Stadt Rhone Gebirge Pyrenäen Paris Meer Garonne Lyon], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T53: [Frankreich Stadt Loire Paris Rhone Garonne Maas Lyon Orlean Hauptstadt], T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge]]
Extrahierte Personennamen: Bertrand_de_Born Heinrich_Ii Heinrich Petrarca Laura Etienne
Carl Fwmmng, Verlag, Buch- und Kunstdruckerei, A. G., Glogau.
Außer dem vorliegenden Teil sind erschienen:
Erdkundliche Aufsätze
für die
oberen Klaffen höherer Lehranstalten
von
Dr. Rudolf Hanncke
Pro fesso r am Gymnasium xu Köslin.
Deiltfchland und die siiuf Erdteile.
Mit 12 Vollbildern.
I n G a n z l e i n >v a n d gebunden M. 1,80.
Erklärung geographischer Mamen.
Unler besonderer Berücksichtigung
des Preußischen Staates und der deutschen Rolonieen.
Eln Machschlagebuch für Lehrer und Lernende.
Herausgegeben
von
Eduard Beiche.
Broschiert M. 2,49.
. . . Wie der Verfasser im Vorwort erklärt, soll vorliegendes Büchlein namentlich Lehrern
und Lernenden eine Handreichung bieten beim Unterricht in der Geographie. Obwohl schon ähnliche
Schriften vorhanden sind, so kann man die neu erschienene doch nicht als überflüssig erklären, da sie
teilweise eine andere Richtung einschlägt. Sie berücksichtigt nämlich spedell die in der mathematischen
und physischen Erdkunde vorkommenden Bezeichnungen, ferner die alte Geographie und die deutschen
Kolonieen. Auch hinsichtlich der preußischen und deutschen Ortsnamen ist das Werkchen reichhaltiger
als seine Vorgänger. Die Erklärungen selbst sind kurz gehalten und, soweit unsere Prüfung reicht,
richtig. Die äußere Ausstattung des Werkchens ist tadellos. (Deutsche Geograph. Blätter Bremen.)
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk]]
Extrahierte Personennamen: Carl_Fwmmng Rudolf_Hanncke Rudolf Eduard_Beiche Eduard